Haus der Kamener Stadtgeschichte, Kamen
 
Germaine Richter schöpft ihre Themen, die sie in dieser Ausstellung präsentiert, wie Joseph Beuys auch, aus der gesellschaftspolitischen Reflexion und liefert so Anstöße zum Weiterdenken. Ihr Thema des Anstoßes in diesem Projekt heißt „FAKE“.
Das Wort ist mittlerweile übermächtig im Sprachgebrauch angekommen, wie die Künstlerin ausführt, und struktureller Bestandteil der digitalen Welt. Stichwörter dazu sind etwa das Verbreiten von ungesicherten Nachrichten oder gezielte Falschmeldungen.
Eine Folge des inflationär stattfindenden Umgangs mit Fakes oder Fake-News scheint zu sein, dass das Vertrauen in Wahrheit, Wahrhaftigkeit oder Authentizität schwindet. Diese systematische Struktur von Fakes greifen die Objekte und Fotodrucke von Germaine Richter auf.
Ihre Werke sind Objekte, die vorgeben, etwas zu sein, was sie nicht sind, und Fotos von Objekten, die so aussehen „als ob“.

So macht sie an dem Beispiel des „wissenschaftlich“ beschriebenen Minerals Xiopsid deutlich, wie die Konstruktion eines Fakes vonstatten geht. Objekt und Definition stellen ein Fake dar, der Stein ist eine Papierhohlform, die Erklärung des Minerals ist erdacht.

Xiopsid      Ca2.Mg

Ist chemisch gesehen ein Calcium-Magnesium-Silikat, kann Kristalle aber auch körnige Mineral-Aggregate entwickeln, in reiner Form wirkt Xiopsid farblos, aber Verunreinigungen geben dem Mineral die unterschiedlichsten Aussehen, tendenziell glatt, glänzend, zum ersten Fundort gehört die Hellesta-Eisengrube im schwedischen Södermanland.

Mohshärte       5,5 – 6,5

Dichte             3,2

Farbe              farblos, meist rot, umbra oder olivgrün, braun

Vor allem die Fundorte auf Sri Lanka und Madagaskar fördern Xiopside in sehr guter Schmucksteinqualität.

Im anderen Fall geht es Germaine Richter um die Täuschung des Rezipienten, auch um das „Nachmachen“ von Kunst und das „in etwa Erkennen“ durch den Betrachter, und das gezeigt am Werk von Giorgio Morandi. Seine Arbeiten bestehen hauptsächlich aus der Darstellung einfacher Gegenstände, die in immer neuen Zusammenstellungen Stillleben zeigen. Farbe, Anordnung, Inhalt – alles hat einen hohen Wiedererkennungswert für den Betrachter, der sehr schnell geneigt ist, das Werk als „Stillleben von Morandi“zu deuten.
Die Künstlerin lehnt sich an die Darstellung von Gegenständen nach Art von Morandi an, aber ihre Gegenstände sind nicht echt sondern angemalte Papierhohlformen, die immer wieder neu arrangiert gezeigt werden und als Fotodruck auf Leinwand erscheinen.
 
Heinrich Behrens
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© Germaine Richter