G E R M A I N E  R I C H T E R

 

 

 

Aktuelles

 

 

Kunstvermittlung

 

Positionen zeitgenössischer Kunst

"Marlene Dumas, u.a."

21. März, 28. März, 18. April 2023, 17.30 - 19.00

VHS Schwerte

 

 

Ausstellungen

 

"Frühstück im Grünen"

Hommage an Edouard Manet

Haus Martfeld 1, Schwelm

Eröffnung 28.5.2023, 11.00

28.5. - 30.7.2023

 

"EGO"

Schloss Ringenberg

Schlossstr. 8

Hamminkeln-Ringenberg

Eröffnung 25.8.2023, 17.00

25.8. - 6.10. 2023

 

"EGO"

Stadthalle Kamen

ab 30. Nov., 2024

 

                                       

Graphik zu "500 Jahre Reformation"

Künstler illustrieren Luther-Zitate

"Die größte Ehre, die ein Weib hat, ist allzumal, dass Männer durch sie geboren werden."

Gemeindezentrum an der Viktor Kirche

Schwerte, Marktplatz

Dauerausstellung

 

 

Ausstellungsbesuche

 

 

Monica Bonvicini, Neue Nationalgalerie, Berlin, 25.11.2022 - 30.4. 2023

dazu ein paar Anmerkungen:

Welch ein Empfang! Ein riesengroßes spiegelndes Quadrat steht vor dem mittigen Eingang zum gläsernen Kultbau von Mies van der Rohe, verdeckt ihn und - auf den ersten Blick – verschandelt den lichten Blick durch die offene gläserne Halle, wobei sie diese in ihrer Höhe um Meter überragt. Bedruckt ist dieses schräg angelehnte Werk mit einem angeschnittenen Textfragment, mehr ahnend als wissend liest man die schwarzen Buchstaben „I do you“, es könnte auch ein „I don´t you“ oder ein „I don´t … you“ sein. Die enthaltene Botschaft ist nur vage entzifferbar: „ich mach dich…“,  „ich mach dich nicht…“,  „ich … dich nicht“. Bezieht sich das „you“ auf die Architektur, den Besucher, allgemein auf die Welt? Konkreter wird die Aussage, tritt man an diesen Wortspiegel heran, sieht sich selbst in dieser Fläche und hinter sich die reflektierte Kulisse: Straßen, Gebäude, Wände, Versorgungskästen, eben die ganze hässliche Ansicht jenseits der Potsdamerstraße, die Spielbank, die Silhouetten rund um den Potsdamer Platz, Wildwuchs zeitgenössischer Stadtarchitektur. Auch wir spiegeln uns, sind ein Teil dieser Wirklichkeit, verursacht von Raumplanern, Architekten, finanziert von Politik und Wirtschaft – männlichen Ursprungs, auch das ein Aspekt dieser Arbeit Bonvicinis, deren Position allgemein als feministisch im Ansatz gilt. Nach dem Blick in diesen Spiegel, der sich lässig anlehnt an einen erhabenen schönen Raum, nimmt man Stadtarchitektur anders wahr, hinterfragt Linien, Volumina, Materialien, Farben, Zusammenspiel mit Natur. Warum sieht Berlin an dieser Stelle so aus, wie es aussieht? Wären andere Lösungen möglich?

Auch die Werke im Innern lösen ein Erstaunen aus, begleitet von Beunruhigung und Unbehagen.

Die Bodenbedeckung des eingebauten Podests besteht aus Teppichfliesen. Jede einzelne ist bedruckt mit dem unterschiedlichen Motiv einer fallengelassenen Hose, unordentlich, einfach zurückgelassen. Aber hier gibt es nichts aufzuheben, nichts aufzuräumen, in guter Laune schreitet man über diese Relikte häuslicher Alltäglichkeiten hinweg.

Als Anmerkung muss ich hinzufügen, dass meine beiden Begleiterinnen sich an ihren Ordnungssinn gemahnt fühlten und - in Gedanken immer noch verärgert - Erinnerungen austauschten über reale Situationen in ihrem Leben. Ob es Begleitern ähnlich ergeht?

Dieser Aspekt, wie Handlungen, Dinge oder Materialien weiblich oder männlich konnotiert sind,  scheint durchgehend den Werken eingepflanzt zu sein, als Impuls, die Welt und das, was darin geschieht, genauer zu betrachten, zu reflektieren und mit dem eigenen Tun abzugleichen.

 

 

Jenny Holzer, K21, Düsseldorf, ab 11.3.2023 

dazu meine Eindrücke:

„The beginning of the war will be secret." (Der Anfang des Krieges wird geheim sein, wird im Dunkeln liegen.), so steht es eingraviert in zeitlosen Großbuchstaben auf der Sitzfläche einer leicht gebogenen roten Granit-Bank. Ein einfacher, fast trivialer Satz, gleicht man seinen Inhalt ab mit unserer jetzigen europäischen Wirklichkeit, macht er nachdenklich. Warum ist der Anfang eines Krieges nicht bekannt? Merken wir nicht, wann und wie wir in Richtung eines Krieges handeln? Welche Möglichkeiten hätten wir nutzen können, um einen Krieg zu verhindern? Können wir aus Fakten für eine zukünftige Vermeidung lernen? Oder verbirgt sich hinter dem Satz ein ewiges Gesetz? Bleibt uns nur Fatalismus? Sind es immer wieder dieselben Mechanismen? So lakonisch, einfach, emotionslos, wie die Worte die  Steinbank überziehen und in die polierte Sitzfläche eingegraben sind, so widerstandslos stehen wir davor und akzeptieren den Inhalt. Überträgt sich der Inhalt auf uns oder bleibt uns der Inhalt verborgen, wenn wir uns auf die Bank setzen?

17 solcher Bänke, alle überzogen mit Sätzen aus der „Survival“-Serie stehen in einem großen Kreis, stumm, sakral, wie Zeugen unseres Menschseins in all seinen Widersprüchlichkeiten.

Die Wände dieses Ausstellungsraumes sind eintönig bedeckt mit den grellen Plakaten der frühen Serien der „Truisms“ und „Inflammatory Essays“, ein merkwürdig berührender Gegensatz.

Jenny Holzer, geb. 1950, US-amerikanische Konzeptkünstlerin, konfrontiert uns mit Sprachpaketen zu Krieg, Gewalt, Tod, Sexualität. Verpackt sind diese Pakete als Plakate, Drucke, Malereien, Leuchtschriften, Skulpturen, im Außenbereich mit riesigen Lichtinstallationen und in Drucken auf Gebrauchsgegenständen oder alltäglichen Objekten.  Ohne Stellung zu beziehen, sind gedankliche Positionen formuliert. Von ihnen gehen Impulse an die BetrachterIn/LeserIn aus, den eigenen Standort zu finden.

„Ich fühle mich von Werken wie Goyas „Schwarzen Gemälden“ angezogen und stehe ehrfurchtsvoll vor Matisse ´“Die Lebensfreude“. Ich habe mehr Zeit auf Goya-Terrain verbracht, doch diesen Matisse wollte ich immer zumindest begreifen.“ So verortet sie sich gedanklich, was in dieser Ausstellung spürbar wird.

Leider, leider ist keine der großen überwältigenden Lichtinstallationen zu sehen, wie einst am Frankfurter Literaturhaus oder an verschiedenen Außenwänden in Basel.

 

 

Rosemarie Trockel, MMK, Frankfurt, 10.12.2022 - 18.6.2023

dazu mein Leserbrief auf die Besprechung von Stefan Trinks in der FAZ vom 12.11.2022

"Aus dem Nähkästchen gekämpft"

Nicht wirklich kämpfend ist Rosemarie Trockel aufgestiegen in die Weltrangliste der lebenden KünstlerInnen, denn der Titel etlicher Arbeiten „Less sauvage than others“ (Weniger wild als andere) gilt auch für ihre künstlerischen Aufschläge. Eher leise, zurückgenommen, hintergrundverdächtig kommen ihre Werke daher, aber in ihrer gedanklichen Impulsgebung sind sie Paukenschläge. Folgt man Rosemarie Trockel, kann man nicht anders, als in menschlichen, gesellschaftlichen und auch politischen Zusammenhängen unbenannte Wahrheiten zu entdecken. Als thematisiere sie die Luft zwischen den Strickmaschen und damit das, was uns wärmt, so rührt sie an Unbewusstes und setzt Gedanken in Gang.

Deswegen ein Dankeschön an Stefan Trinks, der diese große Künstlerin zu ihrem 70. Geburtstag würdigt. Und einen noch größeren Dank an Cecilia Alemani, Kuratorin der diesjährigen Biennale Venedig, die Rosemarie Trockel zentral in den Hauptpavillion der Giardini holte und damit auch den Blick einer Frau auf unser Leben und auf die Kunstgeschichte. Eins ihrer Werke dort, „o.T. (Bibliothek Babylon), 1997“, zeigt eine junge Frau beim Studium kunstgeschichtlicher Literatur, Buchtitel mit den Namen männlicher Kollegen umgeben sie, leicht aufreizend sitzt sie da, stützt den Kopf auf ihre Hände, denkt nach, schaut den Betrachter an. Aus dieser Situation heraus schuf Rosemarie Trockel ihre Strick- und Herdbilder und öffnete unseren Blick für das „Weniger Wilde“ aber genauso „Wichtige“. Nein, sie muss sich nicht mit den Qualitäten von Beuys messen, auch nicht in ihren grafischen Arbeiten, denn messerscharf hat sie erkannt „Jedes Tier ist eine Künstlerin“, unermesslich ist der Reichtum der Erkenntnis unserer Wahrnehmung, folgt man den Linien ihrer Arbeiten. 

 

 

                                                                          

 

 

 

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© Germaine Richter